Im Rahmen unserer Projektwoche haben unsere beiden Kunstlehrkräfte Frau Stemberg und Herr Klemm mit SchülerInnen der siebten und achten Klassen der Schulgemeinschaft auf beeindruckende Weise gezeigt, dass Kunst einen ganz besonderen Raum einnehmen kann. Basierend auf dem Konzept der Street Art stellten die jungen KünstlerInnen Fragen an den Raum und setzten mit ihren zwölf Installationen nicht nur ihre Fragen bildhaft um, sondern boten auch vielfältige Interpretationsmöglichkeiten für den Betrachter.
Einige Installationen waren beispielhaft für die in der Kunst mögliche Form der Kritik: Ein Tisch und ein Stuhl inmitten eines zugewucherten Rondells, das mit Absperrungsband und Schild „außer Betrieb“ gesetzt wurde, bietet Antwort auf die Frage, warum das grüne Klassenzimmer nicht mehr verwendet wird. Ein über drei Stockwerke befestigtes Hilfe-Schild ist Ausdruck der ungenutzten und heruntergekommenen Räumlichkeiten im obersten Stockwerk. Ein Pappmaschee-Fisch verdurstet im schmutzigen Waschbecken ohne Wasseranschluss. Ein überdimensionales Schloss mit einem in unerreichbarer Höhe befestigten Schlüssel zeigt, dass der eigentliche Haupteingang unserer Schule brach liegt. Sogar eine beflügelte Performance-Künstlerin demonstriert mit einer um den Hals gelegten Kette die Gefährdung der individuellen Freiheit.
So wird Kunst Symbol für Missstände, verweist aber auch auf mögliche Lösungen: Auf den Fußboden der Aula geklebte Pfeile führen vom aufgehäuften Plastik-Müllberg zu den Mülleimern, ein Tapee-Männchen erobert die still gelegte Kletterwand zurück, eine ein Meter lange Aluminium-Nadel stopft mit einem stabilen, weißen Seil das riesige, jahrelang unbeachtete Loch in der Hecke. Das provokative Wort „Arsch“, das die Mauer der Turnhalle verunstaltet, wird mit Klebeband durchgestrichen und durch ein riesiges, mit vielen Blumen verziertes „Hübsch“ in den Schatten gestellt. Wäre das nicht sogar eine kostengünstige und ausdrucksstarke Lösung, ungewolltem Graffiti an öffentlichen Gebäuden die Stirn zu bieten?
Außerdem wirft die School Art der Projektwoche auch philosophische Fragen auf, deren Antworten eher ein Gedankenspiel und damit auf reizvolle Weise sinnstiftend sind. Warum und wie wandern unsere Sofas im Forum, obwohl das doch gar nicht erlaubt ist? Und wenn die unverkabelte Weglampe zum Luftballon eines Klebeband-Männchens wird, kann der Betrachter sich auch einfach an einer augenzwinkernden Idee erfreuen.
Nicht zuletzt kann Kunst sichtbar machen und bietet uns so subjektive Denkanstöße. Die eintönige rote Backsteinwand, die jeden Morgen unbeachtet von Hunderten von SchülerInnen passiert wird, wird durch Klebebänder zum bunten Backsteinmosaik, das die Aufmerksamkeit auf den einzelnen das Gebäude tragenden Stein lenkt, seine Funktion „im Großen und Ganzen“ verdeutlicht und gleichzeitig Individualität verleiht. Und dieser Gedanke ist sicherlich repräsentativ für das gesamte Projekt. Unseren beiden Kunstlehrkräften und ihre KünstlerInnen ist es gelungen, nicht nur Räumlichkeiten in ihrer Besonderheit sichtbar und spürbar zu machen, sondern das Potenzial von Kunst an sich. Eine geniale Idee mit sensationeller Wirkung.
Vielen Dank und Chapeau!
spe