Die Handlung ist rasch erzählt: Gottlieb Biedermann ist als Haarwasserfabrikant ebenso geizig wie skrupellos. Eines Abend steht der vermeintlich obdachlose Zirkusringer Schmitz als ungebetener Gast in Biedermanns Wohnstube und fordert vom überrumpelten Hausherren einen Schlafplatz für sich ein. Schnell wird klar, dass es sich bei dem Bittsteller um einen der gefürchteten Brandstifter handelt, die schon seit einiger Zeit in der Stadt verheerende Brände legen. Der gute Menschenkenner Schmitz weiß sehr genau, wie er Biedermann, der noch kurz zuvor lauthals verlangt hatte, man möge kurzen Prozess mit den Verbrechern machen und sie allesamt aufhängen, dazu bringen kann, ihm zu willfahren: Mit einer Mischung aus Schamlosigkeit, moralischer Erpressung und stets greifbarer, dabei jedoch nie offen ausgesprochener physischer Drohung macht er sich zunächst Biedermann und anschließend seine Frau gefügig. Die beiden können sich auch nicht mehr wehren, als Schmitz ein weiterer Brandstifter ins Haus folgt und ebenfalls auf dem Dachboden nächtigt. Hilflos müssen die Biedermanns nun mit ansehen, wie die beiden Verbrecher Benzin, Holzwolle und Zündschnüre ins Haus schaffen, um das Haus schlussendlich anzuzünden.
Warum handelt Biedermann nicht? Warum verweist er die beiden Brandstifter nicht seines Hauses?
Nun, Biedermann ist zunächst einmal schwach; noch schwerer aber wiegt, dass er moralisch erpressbar ist. Man kann ihn, den „rechtschaffenen“, aber letztlich hartherzigen Kaufmann, der im Verlauf des Stückes einen Angestellten in den Selbstmord treibt, natürlich in jede gewünschte Richtung lenken, wenn man ihm suggeriert, mit der Aufnahme des ungeschlachten Ringers Schmitz genau jene Menschlichkeit zu zeigen, die in der herzlos kalten Welt so bitter nötig sei. Das schlechte Gewissen allein schon treibt ihn dorthin, macht ihn zur Knetmasse in den Händen der Brandstifter. Aber nicht nur das. Noch viel wichtiger ist, dass man ihm ein verlockendes Angebot unterbreitet. Er kann seine Feigheit nun hinter seiner „Menschlichkeit“ verstecken. Denn jetzt hat er eine verführerisch glitzernde Ausrede, warum er sich das Gesetz des Handelns hat aus der Hand nehmen lassen. Sein Nichthandeln zeige eben seine Menschlichkeit. Nun muss er sich nämlich nicht das Offensichtliche eingestehen, dass die beiden Gäste Brandstifter sind und ihn nebst Gattin ins Verderben stürzen wollen.
Sah das Schweizer Publikum mehrheitlich 1958 in dem Stück noch eine Warnung vor kommunistischer Subversion, wurde das Stück in der Bundesrepublik sehr schnell auf die Machtergreifung der Nationalsozialisten bezogen. Dieser Auffassung folgte weitgehend das Wiener Forum-Theater, das dem Stück zur besseren Verständlichkeit eine Interpretationshilfe in Form eines kleinen Vortrages voranstellte, wenngleich auch deutlich zu verstehen gegeben wurde, dass das Stück auch ganz andere Interpretationsmöglichkeiten zulasse.
In der darauf folgenden, so eindrücklich wie beklemmenden Darstellung gelang es den vier überzeugenden Schauspielern, die von Max Frisch doch eher holzschnittartig gezeichneten Figuren, sie sind eher Typen als Charaktere, mit Leben zu füllen und dabei deutlich zu machen, dass die Figur des Gottlieb Biedermann, so unsympathisch er uns auch erscheinen mag, auch ein Jedermann ist und wir alle aufgefordert sind, uns nicht von gegenwärtigen oder zukünftigen Brandstiftern das Haus über unseren Köpfen anzünden zu lassen oder tatenlos dabei zuzusehen, wenn andere Häuser angezündet werden.
Kie